Wie bist du Lampenmacher geworden? Seit wann gibt es die „Dutschke-Leuchten“?

Damit habe ich 1982 begonnen. Ich hätte mich damals zwischen unterschiedlichen Neigungen entscheiden können, aber eigentlich ist gar keine Entscheidung gefallen, weil ich vor lauter Tatendrang das Nächstliegende getan habe, und das war der Leuchtenbau. Landwirtschaft und Eurythmie hatten dann nichts mehr zu melden, jedenfalls nicht als Beruf – mich entscheiden zu müssen, wäre mir sicher schwergefallen.

Einige Jahre später kam ein Skulpturenatelier hinzu, am Tage habe ich Lampen gebaut und in der Nacht im Atelier gearbeitet – sogar schlafen konnte ich zwischendurch. Damals wurde scherzhaft der Satz geprägt: „Gestern bin ich schon wieder erst heute schlafen gegangen“. Nein, ohne Scherz, es ist eine grandiose Entdeckung, die staunen macht, dass eine Art meditativ verstandenes Tun den Schlaf über eine gewisse Zeit fast vollständig ersetzen kann – es waren die bisher besten Jahre meines Lebens, in dieser Zeit ging es vor allem darum, Proportionen zu studieren, einen sicheren Griff zu schulen beim Entwerfen von Leuchten, Gebäuden oder auch Möbelstücken.

 

Wie positioniert sich Dutschke-Leuchten im anthroposophischen Umfeld?

Nun, das sind die Menschen, für die wir im Wesentlichen tätig werden, natürlich nicht nur. Das macht Spaß und ist einfach nur klasse, die zahlen pünktlich, sind dankbar und freuen sich auch wirklich am Produkt, und das ist es, was mich eigentlich ernährt, die Freude des Anderen, das ist es, was dem Betrieb das Leben gibt, sonst würde ich das wahrscheinlich nicht tun.

 

Gibt es auch Schattenseiten?

Ja, die gibt es auch, da gibt es Ungerechtigkeiten in der Sichtweise auf unser Tun, dazu kann man nur bemerken: Wenn ein Unternehmer zehn Jahre lang keinen Urlaub macht und mit einem Bruchteil der branchenüblichen Vergütung auskommt, dann hat er dafür einen bestimmten Grund – wirtschaftlich-persönlichen Nutzen in den Vordergrund zu stellen ließe sich schließlich ganz anders bedienen. Wenn ein Wirtschaftsunternehmen keine Stiftung betreibt und auf Rechtsformen der Gemeinnützigkeit verzichtet, ist ihm deshalb nicht berechtigterweise eine Identität als Kulturereignis abzusprechen, mit einer Waldorfschule oder einem biologisch-dynamischen Hof wird das auch nicht getan. Es gibt auch keinen Anlass, einen Betrieb als gemeinnützig zu präsentieren, wenn sein offen erkennbares Handeln reines Selbstverständnis ist – es kommt doch darauf an, was einer in die Welt stellt, und nicht darauf, in welchen Kleidern er das tut.

 

Was wird denn in die Welt gestellt?

Aus eigener Forschung stellen wir lichtbrechende Materialien her und entwerfen und fertigen Leuchten daraus in geometrischen Formen, die als Zweckgegenstand, oder besser Gebrauchskunst unmittelbar eingreifen in das Seelenleben und den Umraum. Das kann pädagogisch oder sogar therapeutisch sein, aber immer will es den erhabenen Sinn für das Schöne kultivieren.

 

Was hat der Kunde davon, wenn er eine Leuchte braucht?

Zunächst bekommt er mal das, was er will – eine Lampe. Dann zeigt sich im Austausch meistens, dass das, was ich mitteile, dankbar aufgenommen wird und eigentlich immer zu gutem Resultat führt.

Kommt jemand beispielsweise nicht in die Gänge, empfehlen wir ihm eine fünfeckige Form. Der Fünferrhythmus hat etwas buchstäblich Widerwärtiges, wer den zu klopfen versucht, bemerkt sofort, was gemeint ist, denn es wird fortwährend Überwindung gefordert, und diese Forderung nach Überwindung liegt natürlich auch im Wahrnehmen der Form.

Und überall da, wo es darum geht, „auf den Punkt zu kommen“, zum Beispiel in  Konferenzen, wird eine sechseckige Form nahegelegt, weil das Sechseck ganz gut Struktur und Führung gibt, was auch in den heilpädagogischen Einrichtungen ein hilfreiches Element ist. Und da, wo Feinstoffliches geschieht, also eher in den Therapien, die Loslassen voraussetzen – nicht übrigens in der Eurythmie, denn die ist diesbezüglich ein Hybrid, denn die braucht neben Loslassen auch gleichzeitig intensive Aktivität –, da also, wo etwas ausgesprochen Feines über das Loslassen zugänglich gemacht werden soll, ist das Achteck als Symbol der reinen Harmonie ganz gut geeignet.

 

Und welche Form würdest du denn für die Eurythmie empfehlen?

Jede, die schlicht ist, also weniger die mit farbigen Ornamenten. Bei der Eurythmie kommt es ganz wesentlich darauf an, dass das Licht von oben kommt und möglichst nicht von der Wand, weil für die Eurythmie nichts so sehr von Bedeutung ist wie die Vertikale, das Aufrechte.

 

Und welche dann zum Beispiel für Meditation oder den religiösen Kultus?

Gar keine, da soll kein Strom fließen, Meditieren bei elektrischem Licht ist sinnlos.

 

Warum?

Weil elektrische Energie eingesperrte Lichtwesen sind, so sehr eingesperrt, dass sie nicht einmal darüber weinen können; und diese Starre wirkt störend, wenn der Meditierende sein Inneres in der Stille eint. Heute meditiert alle Welt, und es muss viel konsequenter Aufschluss darüber geleistet werden, was man da eigentlich tut, Archetypen menschlicher Fähigkeiten funktionieren nun mal nicht ohne seelische und eben auch in den Umraum gehende Hygiene, sonst betreibt man doch nur eine Art Vorstellungsgymnastik.

 

Und beim religiösen Kultus?

Da verhält es sich anders, weil der Kultus keine persönliche Angelegenheit ist, sondern eine Art universelles Wir. Beim Kultus ist es so, dass sich den elektrischen Strom begleitende Wesen provoziert fühlen – was die dann im Kultus anrichten, kann ich nicht sagen, ich meine aber, dass der Kultus, wenn er nicht spannungsfrei zelebriert wird, in gewisser Hinsicht eine Art Missbrauch darstellt. Mit „spannungsfrei“ meine ich nicht nur, dass das Licht nicht brennt, sondern auch, dass in den Leitungen kein Strom fließt; der Hauptschalter ist hier also das Mittel der Wahl.

Andererseits können aber der Kultus, die Eurythmie oder die Meditation auch nicht im Freien vollzogen werden, denn da sind wiederum andere Wesen, die es unbeschreiblich ‚lecker’ finden, wenn Menschen so was tun, die saugen dann die Inhalte gierig auf und können auch Krankheit erzeugen, denn indem man sich Spirituellem zuwendet, ist eine Art der Öffnung notwendig, die aber nicht gleichzeitig den unbewusst-intuitiven Schutz gegen auseinandertreibende Naturkräfte aufrecht erhalten kann. Bei der Eurythmie hat das die geringsten Folgen, denn die geht deshalb nicht im Freien, weil das eigentliche Element der Eurythmie das Plastizieren des Luftraumes ist, und seit wann können eine Gebärde oder ein Laut raumfüllend erschaffen werden, wenn da ein Windhauch geht? Das geht ja gar nicht, denn der durch Bewegung erzeugte Laut braucht im Umraum den Widerstand des begrenzten Raumes, um sich im nicht Sichtbaren entfalten zu können. Für spirituelle Handlungen ist der geschlossene Raum eine Grundvoraussetzung, elektrischer Strom oder ein schräg gestelltes Fenster sind bereits total Außenwelt. Das trifft aber nur auf ‚uns’ zu, weil wir Entwicklung der Welt mit Bewusstseinsbildung betreiben; ganz anders machen das Indianer, Schamanen oder auch Maori, bei jenen ist das uns gemäße ‚stille Kämmerlein’ nach außen gestülpt, Intuition steht hier in Zusammenhang mit dem gesamten Naturgeschehen und macht sich Heilung und Pflege zur Aufgabe, Weiterentwicklung der Welt steht hier nicht im Vordergrund.

 

Woher weißt du das?

Ich weiß das nicht, ich sehe das und hole es erst dann in das Wissen herauf, wenn ich es in Begriffe kleiden muss. Wenn man das Wort Kultus ganz lang gedehnt im Innern tönen lässt, ist es graublau, nicht wahr? Okay, vielleicht violett, jedenfalls nicht gelb-grün kariert, und ein Stromschlag ist hellgrün mit schwarz-weißer Vibration, man kann das alles sehen und hören, ein Krimineller zum Beispiel ist niemals hellblau, so schwer ist das nicht, man muss eben ein bisschen üben. Und als ich noch Skulpturen gemacht habe, habe ich Proportionslehren studiert, das ist nun viele Jahre her, und wenn ich heute ein Gebäude ansehe oder einen Raum betrete, hat jede Form und jeder Gegenstand für mich einen hörbaren Ton; und eigentlich will ich das gar nicht so wahrnehmen, weil das in der Regel nur fürchterliche Dissonanzen sind, aber ich kann versuchen, Gebäude so zu entwerfen, dass sie keine Dissonanzen sind, und dieser Anspruch an den Wohlklang der Verhältnisse findet sich in vielem, und ich sehe dann, ob der erfüllt ist und was man tun muss, damit er nicht gestört wird. Der Anspruch beim Kultus entsteht übrigens aus dem Kultus selbst, nicht etwa aus den ausführenden Personen. Das tönende Wort erschließt Klang und Färbung und mit der Zeit auch das im Begriff Wesenhafte. Das dem Phänomen innewohnende Geheimnis geht dann in das Bewusstsein über, wenn Beobachten und Wahrnehmen der Versuchung, ständig begreifen, erklären und antworten zu wollen, widersteht. Bei einem Steiner-Text ist das genauso: Lese was du nicht verstehst, so wie du ein Gemälde betrachtest, und leg den Text dann weg – ein Jahr später klingelt es im Hirn, weil du nicht mit Verstehenmüssen das Geheimnis vertrieben hast. Vergleichbar ist es, wenn ich im Wald spazieren gehe und es ertönt aus der Stille der schattigen Kühle der Gesang eines einzelnen Vogels und Innehalten, Lauschen und Staunen ergänzen den Gesang – aber dann sagt einer: „Das ist eine Amsel.“ – Mag  ja sein, dass das eine Amsel ist, das geheime Moment ist dann aber auch verschwunden, denn Irrtum ist, zu meinen, dass die Kenntnis vom Begriff die Sache erschöpft, man unterschätze mal nur nicht, was wir tun, wenn wir während des Nachtschlafes unbewusst und angeblich tatenlos seien; hat man aber schon am Tage ein Urteil gefällt, dann ist man des Nachts arbeitslos.

Dann habe ich fast mein ganzes Leben lang etwas recht Merkwürdiges getan, ich habe Licht angeschaut. Normalerweise benötigt man das Licht nur, um etwas anderes anzuschauen, nicht das Licht selbst, man schaut also von außen mit physischen Sinnen auf etwas, was man nur mit innerer nichtphysischer Wahrnehmung überhaupt  begreifen kann – das bleibt nicht ohne Folgen für alles Wahrnehmen, wenn man das sein Leben lang, ohne es lassen zu können, immerfort getan hat.

 

Und bist du zu einem Ergebnis gekommen? Was ist Licht?

Das ist wirklich nicht einfach, aber ich denke Licht, ist ein Sein von sich in Stoff gebärende Entität, ein fortwährender Schöpfungsakt also. Natürlich gibt es verschiedene Ansätze, Licht zu erklären, aber man muss sich auch einmal entscheiden, sonst kommt man nicht weiter. Mit einem möglichen Irrtum umzugehen ist ökonomischer, als fortwährend alle Fragen offen zu lassen.

 

Ist das dann bei den eingesperrten Lichtwesen auch so?

Ja, genauso. Wenn man einen Menschen in ein Loch sperrt, ist das unmenschlich, aber er bleibt ein Mensch.

 

Und bei LED?

Wenn man einen lebenden Organismus zerteilt, ist er nicht mehr lebensfähig, aber unter bestimmten Voraussetzungen können Teile wie das Gewebe zum Weiterleben gezwungen werden. Etwas gewissenlos Destruktives liegt dann vor, mit LED ist das analog zum Sein von Licht ebenso.

Wir hätten uns bei der Entwicklung von Lichtquellen am Sonnensein orientieren können, sind aber in eine ganz andere Richtung gegangen, deshalb haben wir jetzt für eine lange Zeit richtig viel Ärger.

 

Was für Ärger ist das?

Nun, man wird in kommenden Generationen die vermeintliche Kostenersparnis hundertfach zum Doktor tragen, weil grundlegende Orientierung angegriffen wird und physiologische Vorgänge unnatürlich ablaufen. Leuchtdioden sind ein Resultat aus bedeutungslos gewordenem Empfinden für die Schönheit des Lichtes. Wenn das Empfinden, dass alles immer auch schön sein möge, nicht aufgegeben worden wäre, dann wäre doch nichts leichter gewesen, als zwischen Glühlampe und Leuchtdiode zu unterscheiden. Es stimmt mich nachdenklich, zu sehen, wie leichtfertig die Menschheit bereit ist, ihr Tafelsilber herzugeben. Wir müssen uns die Frage vorlegen, ob wir Schönheit nicht auch verhöhnen, indem wir solches Licht zulassen. Es ist nicht selbstverständlich, dass Menschen sich entfalten und vorwärts gehen, ohne ein ausgeprägtes Schönheitsverständnis als Wegbegleiter wird das echt schwierig.

 

Ist denn dein Handeln immer vom Schönen geleitet?

Ja. Bei der Arbeit an den Skulpturen habe ich fortwährend mit dem Begriff des Schönen gerungen. Schönheit ist nicht subjektiv und erschöpft sich auch nicht in Geschmack oder Ästhetik, sondern ist Adel von Menschentum. Schönheit macht schweigen und bringt Staunen hervor, Schönheit ist ein Tor zu Liebe: Du Schöne, da stehe ich und trinke dich mit meinen Augen… Ein Kind kann das wirklich gut, wenn ein kleiner Käfer auf warmen Steinstufen im Sonnenlicht schillert, entweicht den Lippen ein kaum hörbares „ohhh“ und seine Augen leuchten mitteilsam, weil es etwas Besonderes, etwas Schönes gesehen hat.

 

Kannst du zwei Dinge erläutern? Was sind eingesperrte Lichtwesen und was hat es mit dem Missbrauch im Kultus auf sich?

Die eben selben Fragen trage auch ich mit mir und kann nur die Ergebnisse, die gewissermaßen im Kielwasser eines geschauten Bildes enthalten sind, beschreiben, auch wenn diese im Nachdenken entstehen und nicht in gleicher Weise Tatsachengewissheit sind wie das Bildnis selbst. Das geschaute Bild kann in Begriffe gekleidet werden, so dass es unmissverständlich ist, das heißt aber nicht, dass es dann auch verstanden oder ein Beurteilen gar verantwortet werden kann. Aber nehmen wir einmal das Licht mit der Eigenschaft, Tränen zu vergießen, hin – nicht als Tatsache oder als etwas, an das man glaubt, sondern als Unbekannte zwischen verschiedenen Teilen, deren Summe Einblick in das Gesamte bereithält, beleuchten wir das einfach einmal.

Schau mal: Der auf die elektrische Entladung folgende kräftige Donnerschlag eines Gewitters, der alles erzittern lässt und tief in die Glieder und das Gemüt fährt, hat etwas auch Moralisches, denn manch einer empfindet verschreckt: „Jetzt kommt die Strafe Gottes“ oder „Um Himmels Willen, was hab ich falsch gemacht?“. Mindestens aber ist man verunsichert und fühlt sich nicht behaglich. Dieselbe Qualität erlebt gewissermaßen in Zeitlupe, wer sich an einer offenen Stromleitung zu schaffen macht – moralisches Empfinden wird in den Tiefen des Gewissens aufgemischt. Wieso ist das so, dass Elektrizität moralisches Empfinden anspricht? Könnte es sein, dass der Apfel vom Baum der Erkenntnis als erster menschlicher Ungehorsam überhaupt im Erleben von Elektrizität nachklingt?

Nehmen wir einmal an, das Götter- und Menschheitsschicksal beinhaltet, dass Menschen Freiheit entwickeln und in die Götterwelt tragen: Wäre das machbar, ohne dass Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hätten? Könnte es sein, dass sie das notwendig haben tun müssen? Und weshalb war es überhaupt verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen?  Die Ursache dieses Verbotes ist jedenfalls keine Angelegenheit des Menschen und dennoch – begründet es nicht sein Sein in Gänze?

Was ist denn geschehen, dass es zu diesem Verbot kam? Ein Gebot, das nach Menschenart notwendig nicht anders kann, als gebrochen zu werden, wo das Streben nach Erkenntnis doch auch ein Trieb des Menschen ist. Begründen sich das Verbot und gleichwohl die Idee des Menschen als Schöpfer von Freiheit erst dadurch, dass ihr Kampf und Sturz des Luzifer vorausgingen? Hat Luzifer, der Lichtträger, im Sturz einen Teil des Lichtes zu Elektrizität verdichtet? Ist der Grund, warum es uns gibt, der, dass wir das Licht wieder zurückbringen wollen? Indem wir immer alles heilen, ganz machen und vervollständigen wollen?

Licht kommt ohne Finsternis aus, Finsternis aber ist mehr als nur die Abwesenheit von Licht. Licht und Finsternis sind aber deshalb nicht die beiden Pole einer Einheit, weil Finsternis ohne Schöpfungsakt kein Licht hervorbringen kann, das Licht aber immer den Schatten als Element von Finsternis, was bedeutet, dass die Finsternis also das Kind des Lichtes ist. Wenn Licht nicht auch als Elektrizität erschiene, wäre der Mensch nicht befähigt zu denken, weil leibgebundene Denkvorgänge wesentlich mit sehr feinen elektrischen Impulsen im Gehirn einhergehen, so aber auch in allen Nervenvorgängen in den Gliedmaßen und sonstwo im Körper. In Elektrizität verdichtetes Licht ist also Teil der physischen Grundlage menschlichen Seins. Wir aber bestimmen unser Wesen durch das, was wir tun, und mit jeder Entscheidung, die wir fällen, wirken wir auf unser Gehirn ein und bilden es dabei auch physisch um, und wenn wir erkennen, dass wir einen Fehler begangen haben, so gibt es etwas in uns, was darüber Tränen vergießt, und das, was da Tränen vergießt, ist reines Licht, das erlöst ist – wie sehr diese Wandlung in die Physis greifen kann und welche Änderungen dort genau vor sich gehen, kann ich nicht ergründen, es ändert aber nichts an dem Umstand, dass in Elektrizität gebundenes Licht weinen will und weinen muss, wenn es erlöst wird, womit auch begründet sein will, dass Menschen notwendig ein Recht darauf haben, Fehler zu machen, Gebote zu brechen und vom Baum der Erkenntnis zu essen, denn sie lernen im Schmerz daraus und erschaffen in der Folge die Freiheit. 

Auch das Gewitter wäre keine Erlösung, wenn nicht das Wasser vom Himmel fallen würde. Der Regen reinigt, kühlt und erlöst den schwülen Druck eines heißen Tages, so kommt dem Wasser eine Bedeutung zu, wenn wir uns mit Erlösung befassen, nicht nur als Regen, sondern auch, wenn Tränen fließen.

Und wenn Raum gebildet wird, in dem der Kultus vollzogen wird, dann wird alles, was nicht spirituell rein ist, ferngehalten werden müssen, und ebenso, wie man in diesem Raum nicht übernachtet oder ein Würstchen grillt, wird auch die Elektrizität ferngehalten werden müssen, denn es findet im Kultus nicht nur eine Öffnung statt, die geschützt werden soll, sondern es wird vor allem ein Inhalt bereitet, der die Anwesenheit realer Geistwesen bewirkt. Die Gewissheit lauterer Absicht stellt aber einen Missbrauch ihrer selbst dar, wenn der Raum nicht vollständig rein ist. Und wenn man das nicht weiß, hat man auch keinen Begriff davon, dass Elektrizität nicht nur eingesperrtes Licht, sondern auch dämonisch und ganz furchtbar böse ist. Es ist nicht möglich und auch nicht notwendig, sich vollständig vom Einfluss der Elektrizität zu befreien, aber da, wo es möglich ist, muss es auch getan werden.

 

Wenn du Lampen für eine Kirche machst, sagst du das dann auch?

Nein. Ich bin Leuchtenlieferant, und vor dem Hintergrund eines Geschäftes steht es mir nicht zu, eine Kirche zu maßregeln, ich will das auch nicht, denn es würde den Vorgang verzerren. Aber ich vertraue darauf, dass wache Geister Ihr Handeln fortwährend werten. Es gibt aber auch Kirchen, die mir bedeuten, dass sie während dem Kultus keinen Strom im Weiheraum fließen lassen, und dann denke ich, dass es gut ist, und bin beruhigt. Ich freue mich dann auch, weil das hoffnungsvoll ist.

 

Gehst du in die Kirche?

Nein.

 

Erlebst du Einwände oder Widerspruch bei deinen doch auch esoterischen Ansichten?

Eigentlich nicht, man sagt ja auch nicht, was nicht zur entsprechenden Schuhgröße passt.

Allerdings kann ich nicht erkennen, was daran esoterisch sein soll – jedes Dorf hat eine Kirche und jeder weiß, wer Adam und Eva sind. Und Denken geht schließlich auch noch, und wenn mein Nachbar weint, weil seine Frau gestorben ist, dann sage ich ihm: „Sie ist nicht weggegangen, sie ist ganz nahe bei dir, sie ist nur vorausgegangen dorthin, wo wir alle hingehen, wenn die Zeit gekommen ist.“ Und natürlich findet er sich wieder darin, weil der Trost ihn dahin leitet, und wenn es nicht das Wissen ist, so ist es doch der Wunsch. Dann gibt es beispielsweise auch Menschen, die sehr alte Seelen und hochentwickelt sind, aber eine Inkarnation leben, die nicht einfach zu verstehen ist, weil sie Begriffen wie „Wesensgrund“ oder „Geistesselbst“ keinen Raum einräumen. Ich denke, es ist nicht richtig zu meinen, dass, wer hoch entwickelt sei, zwangsläufig esoterisch gebildet und als Anthroposoph oder Ähnlichem erscheinen müsse. Sieh mal im Park nach oder auf dem Bahnhof, bei jenen, die ausgestoßen und Habenichtse sind, dort findet man nicht selten Augen, die leuchten, die leuchten so stark, dass man in ihnen direkt ins Paradies blickt, und sieht in ihnen die Freiheit und auch die Demut, denn sie nehmen immer alle Schuld auf sich – ich denke, es geht nicht so sehr darum, den Geist zu suchen, den haben wir doch, weil wir sind gemacht daraus. Ich denke, es geht vielmehr darum, den Ungeist zu vertreiben.

 

Wirst du deine Sichtweisen einmal aufschreiben?

Nein, ich glaube nicht, ich bin mit Leib und Seele Arbeiter, und wenn manchmal Dinge meines Tuns schriftlich zusammengetragen sind, so gehört das der Vollständigkeit halber gewiss dazu und freut mich, es ist aber eigentlich nicht mein Ding. Wenn ich ein Stück Holz bearbeite, komme ich zügig zum Abschluss und habe ein festes Resultat mit bestimmtem Zweck und kann dann beurteilen, ob es gut ist. Theoretisches (Theo = göttlich) zu verdichten hingegen kann sogar echte Ängste bereiten, weil sich anstatt eines fertigen Resultates immer weitere und höhere Bereiche öffnen, es kommt sogar vor, dass ich sinnbildlich spirituelle Eindrücke abschüttele und dafür lieber die Schreinerei putze. Auch habe ich den Verdacht, dass das Schauen eine Änderung im Bildnis bewirkt, also, dass man nicht nur wahrnehmend, sondern auch gestaltend ist – da soll man sich im Klaren darüber sein, ob man überhaupt, und wenn ja, wie, in Verborgenes schaut, das heißt zunächst keineswegs, dass man auch Schöpfer sei, aber es ist doch so, dass man auch Einfluss nimmt und also die dazugehörende Verantwortung trägt. Menschen, die Kommendes voraussehen können, können das Kommende allein dadurch, dass es vorausgesehen wird, unbeabsichtigt verändern, was ein sicher nicht gewollter Eingriff ist. Andererseits ist es so, dass ich nicht sagen kann: „Heute Abend nehme ich mir frei und schaue ein bisschen hinter den Vorhang“, denn es ist ein nicht beeinflussbares Moment außerhalb von Zeit, man kann das Geschaute eigentlich auch nicht erinnern, sondern es zeigt sich immer wieder erneut als etwas, das übrig bleibt in der ständigen Suche, dem geschäftigen Treiben beim Entwickeln und Herstellen von Lampen und der Auseinandersetzung mit dem Licht. Erst die Begriffe, die ich daraus bilde, bleiben erhalten, das Bild selbst lässt sich nicht festhalten, obwohl es klar und keineswegs flüchtig ist. Ich bin aber der Auffassung, dass sich die spirituellen Welten allein mittels des Denkens vollständig erschließen lassen, ohne zunächst je in sie hinein geschaut zu haben; das Schauen kann sich nämlich auch als Versuchung erweisen und somit seinen eigenen Zweck verfehlen, weil es so keine Freiheit mehr ist. Wenn das Denken aber einmal selbst zur Ursache des Schauens wird, dann wird man auch direkt und bewusst eingreifen können und voll verantwortlich Schöpfer und Gestalter spirituellen Geschehens sein – das dauert aber, das dauert noch sehr lange, auf Umwegen machen wir das im Grunde aber heute schon so. Aber sprechen wir wieder mehr über den Betrieb – diese recht hohe Materie lassen wir, denke ich, jetzt erst einmal ruhen.

 

Ja, gut. Erzähl doch mal, wie ihr eure rechtlichen Verbindlichkeiten zueinander im Betrieb regelt, wie funktioniert eine Beziehung, wenn man immer zusammen arbeitet? Will man da nicht auch mal Pause voneinander?

Normalerweise ja, bei uns aber nicht, mit wenigen Ausnahmen sind wir nie getrennt und wollen das eigentlich auch nicht. Wir haben einen normalen Anstellungsvertrag, der dient aber nur der Teilhabe am Sozialsystem. ‚Gerecht teilen’ ist für uns keine Option, eigentlich ist es so, dass einer den anderen so umsorgt, dass es dem anderen immer zuerst gut geht. Inanspruchnahme eines Anteils ‚gerechten Teilens’ macht doch einsam, sich selbst einen Wunsch zu erfüllen, während in der Familie des anderen einer vielleicht seine Zahnarztrechnung nicht begleichen kann, macht doch, dass man nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst ausschließt. Also tun wir das nicht, das ist keine Philosophie, sondern kommt von ganz innen, man kann auch sagen wir lieben uns eben.

Selbstverständlich streiten wir auch mal, das ist nicht nur eine Art Sport, sondern auch ernst gemeint, nie aber böse, ein Gewitter ist auch nicht böse, es reinigt. Ich glaube, es ist vor allem ganz natürlicher Respekt, dass wir so gut miteinander können, unser Wunsch ist, dass wir später gemeinsam nach Hause gehen, nach Asien, an die Südchinesische See…

 

Sprechen wir über die tägliche Arbeit. Überall ist man um Ökologie bemüht, wie sieht das bei euch aus?

Von dem Gerede halte ich wenig, denn es ist doch selbstverständlich, dass die Schöpfung nicht dafür da ist, beschmutzt zu werden, es gibt also keinen Anlass, sich dafür zu brüsten, dass man etwas unterlässt, was man sowieso nicht soll. Es ist doch schon bemerkenswert dass fast nichts mehr nicht „klimaneutral“ und „nachhaltig“ präsentiert wird und trotzdem das Leiden des Planeten stetig zunimmt. Natürlich kann man stutzig werden, weil wesentliche Bestandteile in unserer Herstellung besorgniserregende Bezeichnungen haben wie zum Beispiel „Polymethylmethacrylat“ oder „Silikon“, aber kaum jemand weiß, dass das vollkommen unbedenkliche Verbindungen sind, Silikon besteht aus Silizium und Sauerstoff, Polymethylmethacrylat aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, das sind künstliche Verbindungen, die biologisch vollkommen unschädlich sind. Anders verhält es sich bei bestimmten Kabelummantelungen oder Verdünnern für Klebstoffe, da sieht es nicht so gut aus, aber der Umfang ist gering und bisher unvermeidbar.

Es gehört aber auch zu unserem Selbstverständnis, dass eine Leuchte immer nur dann hergestellt wird, wenn sie auch gewollt ist. Bedarfsloses Herstellen, so wie man das heute tut, halte ich für krankhaft. Uns ist wichtig, das dem Produkt vorausgehende Bedürfnis zum Motiv des Handelns zu machen – ohne einen Auftrag gibt es für uns keinen Anlass, etwas herzustellen.

 

Wie willst du als Unternehmer verstanden sein, sieht man dich zum Beispiel auch mal mit Krawatte?

Die Vorstellung gefällt mir, ich könnte dann mit dem Krawattenzipfel den Mercedesstern polieren (lacht). Nein, als Unternehmer ist man Schuldner, dem Kunden schuldet man das was man anbietet, dem Mitarbeiter den Lohn, dem Geschäftspartner Wertschätzung, dem Staat die Steuern und der Bank die Zinsen usw. Ich will damit nicht sagen, dass der Unternehmer per se Schuldner ist, sondern dass wir alle Unternehmer sind und dass wir alle miteinander verbundene Schuldner sind. Im Grunde entsteht ein Schuldverhältnis bereits dann, wenn mir nur eine Idee kommt, das heißt nicht, dass man jede Idee in den Stoff führen muss, das heißt aber, dass man Ideen handlen können muss, sonst bleiben die irgendwann aus, dann nämlich, wenn man langsam in die Jahre kommt und Körper und Schaffenskraft eine unmissverständliche Sprache sprechen. Dann ist es die Idee, die einem ganz zu Recht ins Ohr flüstert: Dummes Märchen, stimmt gar nicht, du wirst jeden Tag neugeboren, du musst nur nach oben offen bleiben und Vergängliches nicht so fürchterlich ernst nehmen.

 

Was wird aus Dutschke-Leuchten, wenn du dich zur Ruhe setzen wirst?

Ich weiß es nicht. Viel gibt es nicht mehr zu ordnen, damit die Sache rund ist, und wenn morgen einer kommt und sagt, dass er diese Arbeit weiterführen will, dann bekommt er das Haus und den Betrieb und muss dann aber dafür sorgen, dass wir Brot auf dem Tisch haben, sonst mache ich es selber weiter, solange es eben geht. Es ist nicht unbedingt mein Wunsch aufzuhören, es ist aber unbedingt mein Wunsch, dass jugendlich frische Kraft diese Manufaktur im Leben hält, damit sie nicht irgendwann einfach verschwindet.  

 

Mir ist aufgefallen, dass du viel aus dem Geistigen gesagt, aber kein einziges Mal das Wort „geistig“ verwendet hast.

Ja, ich vermeide den Begriff nach Möglichkeit. Ich mag Worte nicht, die erbarmungslos bis zur Unkenntlichkeit ausgelutscht sind, weil der Begriff sich dann von selbst entleert und sogar ungültig werden kann. Also: Der Begriff wird nicht dadurch ungültig, dass er häufig verwendet wird, er wird dadurch ungültig, dass man ihn verwendet, ohne ihn mit seinem lebendigen Inhalt zu begreifen. Das ist einfach zu häufig geschehen, dass der Begriff ‚geistig’ nur dahergeredet ist.

 

Kein bisschen Spaß und Genuss?

Doch, doch, meine Frau und ich, wir machen Musik an und tanzen dann Tango quer durch die Werkstatt – wie gut, dass das keiner sieht, sie so klein und ich so groß und Tango können wir auch nicht... Und wenn ein Tag mal etwas lockerer ist, gehen wir auch mal spazieren oder kochen ein besonders leckeres Essen – na, wenn das kein Genuss ist! … Aber mal ehrlich, das Leben sollte viel fröhlicher und unbeschwerter sein – ist es aber nicht.

 

Möchtest du zum Abschluss noch Einblick in dein Verhältnis zur Anthroposophie geben?

Ja, gerne. Ich bin ein eher einfacher Fußgänger und ein einziges der grundlegenden Werke von Steiner reicht auch vollkommen aus, um ein Leben auszufüllen, es ist in ihm schließlich der Widerschein des Gesamten enthalten. Ich glaube, ich bin seit über zwanzig Jahren bei keinem Seminar oder Vortrag gewesen und lese wenig – die Arbeit geht vor –, aber Gedanken, Gedanken mache ich mir natürlich fortwährend. Sich Gedanken machen ist nicht wie Lesen, sich Gedanken machen ist wie Schreiben, wer die Idee kultiviert, wird mit ein wenig Disziplin zum Schöpfer neuer Gedanken, also noch nie gedachter Gedanken, der Denkvorgang ist dann, wie wenn der Bewusstseinsinhalt bekleidet wird, man wird also so eine Art Modeschöpfer, ich denke dann: na?, wie würde man sich wohl entscheiden wenn man wählen müsste – die GA oder Papier und Bleistift? – Wie gut, dass wir beides haben, noch besser aber, wenn man die Antwort auch immer bei sich führt.

Rudolf Steiner ist für mich ein Menschenfreund und ein brillanter Denker, der Einblick und Verantwortung für das Schicksal des Zukünftigen gefordert hat. Ich halte es für nicht wesentlich, enthüllen zu wollen, ob Steiner nun in einem Sportwagen gesessen ist, Alkohol getrunken habe oder Minister werden wollte, denn das versperrt den Blick darauf, dass er gezeigt hat, dass wir den Erdenstern zum Leuchten bringen müssen. Ich meine, dass Steiner nicht will, dass man Erinnerungskult betreibt, ich meine, er möchte endlich in Ruhe gelassen werden, es wäre ein echt mutiger Schritt, wenn man alle Steiner-Bilder einfach verbrennen würde, denn der Keim dessen, was aufgenommen ist, ist unauslöschlich, und der Habitus dessen, was sich heute noch „Anthroposophie“ nennt, wird, denke ich, recht schnell einfach verschwinden. Auch das Schriftwerk ist trotz seiner unendlichen Größe nur ein mageres Abbild dessen, was eigentlich gegeben ist, und mag einst entbehrlich und sein Dasein auf Archive beschränken, denn es ist unauslöschbar in Bereiche eingeschrieben, die immer mehr jedem Menschen zugänglich sind. Mehr und mehr begegnet man Einzelnen, nicht nur bei uns, sondern auch unter Muslimen und Buddhisten, die so hell sind, dass sie Steiner nicht studieren, sondern das Menschen- und Götterschicksal bereits im Innern erkennen. 

Ich möchte aber auch sagen, dass das Zweifeln richtig ist, denn es ist nicht richtig, sich einfach nur heimisch zu fühlen in einem Geistgebäude, das sich als so schlüssig darstellt, denn es gibt viel Entsetzliches im realen Leben dem diese gefällige Schlüssigkeit wird standhalten müssen. So wird man fragen müssen, wie eine ‚weisheitsvoll geistige Führung’ in Syrien Streubomben auf Kindergärten fallen lässt und ob man sich nicht doch den unbequemen Gedanken „Gott ist tot“ des Friedrich Nietzsche zu eigen machen muss. Man wird sich letztlich fragen müssen, ob wir nicht bereits selbst führen und wo die Reise hingeht.

Ich denke, es wird sich einst die Menschheit als Gesamtheit einsam fühlen, und verfolge mit Hingabe die konsequent materialistische Forschung an Photonen, Quanten und Gravitation, weil hier beizeiten der Punkt erreicht sein wird, an dem reines Geisteslicht dem Zweifler Erkenntnis gibt und den Einsamen tröstet.

Christoph Dutschke, 2018

Geboren 1959 in Kassel, Besuch der Waldorfschulen in Kassel und Pforzheim. Ab 1975  Wanderjahre. Seit 1982 Entwicklung und Herstellung von Beleuchtung. Verheiratet in zweiter Ehe mit Jimbeth Oropel.

 

Wie bist du Lampenmacher geworden? Seit wann gibt es die „Dutschke-Leuchten“?

Damit habe ich 1982 begonnen. Ich hätte mich damals zwischen unterschiedlichen Neigungen entscheiden können, aber eigentlich ist gar keine Entscheidung gefallen, weil ich vor lauter Tatendrang das Nächstliegende getan habe, und das war der Leuchtenbau. Landwirtschaft und Eurythmie hatten dann nichts mehr zu melden, jedenfalls nicht als Beruf – mich entscheiden zu müssen, wäre mir sicher schwergefallen.

Einige Jahre später kam ein Skulpturenatelier hinzu, am Tage habe ich Lampen gebaut und in der Nacht im Atelier gearbeitet – sogar schlafen konnte ich zwischendurch. Damals wurde scherzhaft der Satz geprägt: „Gestern bin ich schon wieder erst heute schlafen gegangen“. Nein, ohne Scherz, es ist eine grandiose Entdeckung, die staunen macht, dass eine Art meditativ verstandenes Tun den Schlaf über eine gewisse Zeit fast vollständig ersetzen kann – es waren die bisher besten Jahre meines Lebens, in dieser Zeit ging es vor allem darum, Proportionen zu studieren, einen sicheren Griff zu schulen beim Entwerfen von Leuchten, Gebäuden oder auch Möbelstücken.

 

Wie positioniert sich Dutschke-Leuchten im anthroposophischen Umfeld?

Nun, das sind die Menschen, für die wir im Wesentlichen tätig werden, natürlich nicht nur. Das macht Spaß und ist einfach nur klasse, die zahlen pünktlich, sind dankbar und freuen sich auch wirklich am Produkt, und das ist es, was mich eigentlich ernährt, die Freude des Anderen, das ist es, was dem Betrieb das Leben gibt, sonst würde ich das wahrscheinlich nicht tun.

 

Gibt es auch Schattenseiten?

Ja, die gibt es auch, da gibt es Ungerechtigkeiten in der Sichtweise auf unser Tun, dazu kann man nur bemerken: Wenn ein Unternehmer zehn Jahre lang keinen Urlaub macht und mit einem Bruchteil der branchenüblichen Vergütung auskommt, dann hat er dafür einen bestimmten Grund – wirtschaftlich-persönlichen Nutzen in den Vordergrund zu stellen ließe sich schließlich ganz anders bedienen. Wenn ein Wirtschaftsunternehmen keine Stiftung betreibt und auf Rechtsformen der Gemeinnützigkeit verzichtet, ist ihm deshalb nicht berechtigterweise eine Identität als Kulturereignis abzusprechen, mit einer Waldorfschule oder einem biologisch-dynamischen Hof wird das auch nicht getan. Es gibt auch keinen Anlass, einen Betrieb als gemeinnützig zu präsentieren, wenn sein offen erkennbares Handeln reines Selbstverständnis ist – es kommt doch darauf an, was einer in die Welt stellt, und nicht darauf, in welchen Kleidern er das tut.

 

Was wird denn in die Welt gestellt?

Aus eigener Forschung stellen wir lichtbrechende Materialien her und entwerfen und fertigen Leuchten daraus in geometrischen Formen, die als Zweckgegenstand, oder besser Gebrauchskunst unmittelbar eingreifen in das Seelenleben und den Umraum. Das kann pädagogisch oder sogar therapeutisch sein, aber immer will es den erhabenen Sinn für das Schöne kultivieren.

 

Was hat der Kunde davon, wenn er eine Leuchte braucht?

Zunächst bekommt er mal das, was er will – eine Lampe. Dann zeigt sich im Austausch meistens, dass das, was ich mitteile, dankbar aufgenommen wird und eigentlich immer zu gutem Resultat führt.

Kommt jemand beispielsweise nicht in die Gänge, empfehlen wir ihm eine fünfeckige Form. Der Fünferrhythmus hat etwas buchstäblich Widerwärtiges, wer den zu klopfen versucht, bemerkt sofort, was gemeint ist, denn es wird fortwährend Überwindung gefordert, und diese Forderung nach Überwindung liegt natürlich auch im Wahrnehmen der Form.

Und überall da, wo es darum geht, „auf den Punkt zu kommen“, zum Beispiel in  Konferenzen, wird eine sechseckige Form nahegelegt, weil das Sechseck ganz gut Struktur und Führung gibt, was auch in den heilpädagogischen Einrichtungen ein hilfreiches Element ist. Und da, wo Feinstoffliches geschieht, also eher in den Therapien, die Loslassen voraussetzen – nicht übrigens in der Eurythmie, denn die ist diesbezüglich ein Hybrid, denn die braucht neben Loslassen auch gleichzeitig intensive Aktivität –, da also, wo etwas ausgesprochen Feines über das Loslassen zugänglich gemacht werden soll, ist das Achteck als Symbol der reinen Harmonie ganz gut geeignet.

 

Und welche Form würdest du denn für die Eurythmie empfehlen?

Jede, die schlicht ist, also weniger die mit farbigen Ornamenten. Bei der Eurythmie kommt es ganz wesentlich darauf an, dass das Licht von oben kommt und möglichst nicht von der Wand, weil für die Eurythmie nichts so sehr von Bedeutung ist wie die Vertikale, das Aufrechte.

 

Und welche dann zum Beispiel für Meditation oder den religiösen Kultus?

Gar keine, da soll kein Strom fließen, Meditieren bei elektrischem Licht ist sinnlos.

 

Warum?

Weil elektrische Energie eingesperrte Lichtwesen sind, so sehr eingesperrt, dass sie nicht einmal darüber weinen können; und diese Starre wirkt störend, wenn der Meditierende sein Inneres in der Stille eint. Heute meditiert alle Welt, und es muss viel konsequenter Aufschluss darüber geleistet werden, was man da eigentlich tut, Archetypen menschlicher Fähigkeiten funktionieren nun mal nicht ohne seelische und eben auch in den Umraum gehende Hygiene, sonst betreibt man doch nur eine Art Vorstellungsgymnastik.

 

Und beim religiösen Kultus?

Da verhält es sich anders, weil der Kultus keine persönliche Angelegenheit ist, sondern eine Art universelles Wir. Beim Kultus ist es so, dass sich den elektrischen Strom begleitende Wesen provoziert fühlen – was die dann im Kultus anrichten, kann ich nicht sagen, ich meine aber, dass der Kultus, wenn er nicht spannungsfrei zelebriert wird, in gewisser Hinsicht eine Art Missbrauch darstellt. Mit „spannungsfrei“ meine ich nicht nur, dass das Licht nicht brennt, sondern auch, dass in den Leitungen kein Strom fließt; der Hauptschalter ist hier also das Mittel der Wahl.

Andererseits können aber der Kultus, die Eurythmie oder die Meditation auch nicht im Freien vollzogen werden, denn da sind wiederum andere Wesen, die es unbeschreiblich ‚lecker’ finden, wenn Menschen so was tun, die saugen dann die Inhalte gierig auf und können auch Krankheit erzeugen, denn indem man sich Spirituellem zuwendet, ist eine Art der Öffnung notwendig, die aber nicht gleichzeitig den unbewusst-intuitiven Schutz gegen auseinandertreibende Naturkräfte aufrecht erhalten kann. Bei der Eurythmie hat das die geringsten Folgen, denn die geht deshalb nicht im Freien, weil das eigentliche Element der Eurythmie das Plastizieren des Luftraumes ist, und seit wann können eine Gebärde oder ein Laut raumfüllend erschaffen werden, wenn da ein Windhauch geht? Das geht ja gar nicht, denn der durch Bewegung erzeugte Laut braucht im Umraum den Widerstand des begrenzten Raumes, um sich im nicht Sichtbaren entfalten zu können. Für spirituelle Handlungen ist der geschlossene Raum eine Grundvoraussetzung, elektrischer Strom oder ein schräg gestelltes Fenster sind bereits total Außenwelt. Das trifft aber nur auf ‚uns’ zu, weil wir Entwicklung der Welt mit Bewusstseinsbildung betreiben; ganz anders machen das Indianer, Schamanen oder auch Maori, bei jenen ist das uns gemäße ‚stille Kämmerlein’ nach außen gestülpt, Intuition steht hier in Zusammenhang mit dem gesamten Naturgeschehen und macht sich Heilung und Pflege zur Aufgabe, Weiterentwicklung der Welt steht hier nicht im Vordergrund.

 

Woher weißt du das?

Ich weiß das nicht, ich sehe das und hole es erst dann in das Wissen herauf, wenn ich es in Begriffe kleiden muss. Wenn man das Wort Kultus ganz lang gedehnt im Innern tönen lässt, ist es graublau, nicht wahr? Okay, vielleicht violett, jedenfalls nicht gelb-grün kariert, und ein Stromschlag ist hellgrün mit schwarz-weißer Vibration, man kann das alles sehen und hören, ein Krimineller zum Beispiel ist niemals hellblau, so schwer ist das nicht, man muss eben ein bisschen üben. Und als ich noch Skulpturen gemacht habe, habe ich Proportionslehren studiert, das ist nun viele Jahre her, und wenn ich heute ein Gebäude ansehe oder einen Raum betrete, hat jede Form und jeder Gegenstand für mich einen hörbaren Ton; und eigentlich will ich das gar nicht so wahrnehmen, weil das in der Regel nur fürchterliche Dissonanzen sind, aber ich kann versuchen, Gebäude so zu entwerfen, dass sie keine Dissonanzen sind, und dieser Anspruch an den Wohlklang der Verhältnisse findet sich in vielem, und ich sehe dann, ob der erfüllt ist und was man tun muss, damit er nicht gestört wird. Der Anspruch beim Kultus entsteht übrigens aus dem Kultus selbst, nicht etwa aus den ausführenden Personen. Das tönende Wort erschließt Klang und Färbung und mit der Zeit auch das im Begriff Wesenhafte. Das dem Phänomen innewohnende Geheimnis geht dann in das Bewusstsein über, wenn Beobachten und Wahrnehmen der Versuchung, ständig begreifen, erklären und antworten zu wollen, widersteht. Bei einem Steiner-Text ist das genauso: Lese was du nicht verstehst, so wie du ein Gemälde betrachtest, und leg den Text dann weg – ein Jahr später klingelt es im Hirn, weil du nicht mit Verstehenmüssen das Geheimnis vertrieben hast. Vergleichbar ist es, wenn ich im Wald spazieren gehe und es ertönt aus der Stille der schattigen Kühle der Gesang eines einzelnen Vogels und Innehalten, Lauschen und Staunen ergänzen den Gesang – aber dann sagt einer: „Das ist eine Amsel.“ – Mag  ja sein, dass das eine Amsel ist, das geheime Moment ist dann aber auch verschwunden, denn Irrtum ist, zu meinen, dass die Kenntnis vom Begriff die Sache erschöpft, man unterschätze mal nur nicht, was wir tun, wenn wir während des Nachtschlafes unbewusst und angeblich tatenlos seien; hat man aber schon am Tage ein Urteil gefällt, dann ist man des Nachts arbeitslos.

Dann habe ich fast mein ganzes Leben lang etwas recht Merkwürdiges getan, ich habe Licht angeschaut. Normalerweise benötigt man das Licht nur, um etwas anderes anzuschauen, nicht das Licht selbst, man schaut also von außen mit physischen Sinnen auf etwas, was man nur mit innerer nichtphysischer Wahrnehmung überhaupt  begreifen kann – das bleibt nicht ohne Folgen für alles Wahrnehmen, wenn man das sein Leben lang, ohne es lassen zu können, immerfort getan hat.

 

Und bist du zu einem Ergebnis gekommen? Was ist Licht?

Das ist wirklich nicht einfach, aber ich denke Licht, ist ein Sein von sich in Stoff gebärende Entität, ein fortwährender Schöpfungsakt also. Natürlich gibt es verschiedene Ansätze, Licht zu erklären, aber man muss sich auch einmal entscheiden, sonst kommt man nicht weiter. Mit einem möglichen Irrtum umzugehen ist ökonomischer, als fortwährend alle Fragen offen zu lassen.

 

Ist das dann bei den eingesperrten Lichtwesen auch so?

Ja, genauso. Wenn man einen Menschen in ein Loch sperrt, ist das unmenschlich, aber er bleibt ein Mensch.

 

Und bei LED?

Wenn man einen lebenden Organismus zerteilt, ist er nicht mehr lebensfähig, aber unter bestimmten Voraussetzungen können Teile wie das Gewebe zum Weiterleben gezwungen werden. Etwas gewissenlos Destruktives liegt dann vor, mit LED ist das analog zum Sein von Licht ebenso.

Wir hätten uns bei der Entwicklung von Lichtquellen am Sonnensein orientieren können, sind aber in eine ganz andere Richtung gegangen, deshalb haben wir jetzt für eine lange Zeit richtig viel Ärger.

 

Was für Ärger ist das?

Nun, man wird in kommenden Generationen die vermeintliche Kostenersparnis hundertfach zum Doktor tragen, weil grundlegende Orientierung angegriffen wird und physiologische Vorgänge unnatürlich ablaufen. Leuchtdioden sind ein Resultat aus bedeutungslos gewordenem Empfinden für die Schönheit des Lichtes. Wenn das Empfinden, dass alles immer auch schön sein möge, nicht aufgegeben worden wäre, dann wäre doch nichts leichter gewesen, als zwischen Glühlampe und Leuchtdiode zu unterscheiden. Es stimmt mich nachdenklich, zu sehen, wie leichtfertig die Menschheit bereit ist, ihr Tafelsilber herzugeben. Wir müssen uns die Frage vorlegen, ob wir Schönheit nicht auch verhöhnen, indem wir solches Licht zulassen. Es ist nicht selbstverständlich, dass Menschen sich entfalten und vorwärts gehen, ohne ein ausgeprägtes Schönheitsverständnis als Wegbegleiter wird das echt schwierig.

 

Ist denn dein Handeln immer vom Schönen geleitet?

Ja. Bei der Arbeit an den Skulpturen habe ich fortwährend mit dem Begriff des Schönen gerungen. Schönheit ist nicht subjektiv und erschöpft sich auch nicht in Geschmack oder Ästhetik, sondern ist Adel von Menschentum. Schönheit macht schweigen und bringt Staunen hervor, Schönheit ist ein Tor zu Liebe: Du Schöne, da stehe ich und trinke dich mit meinen Augen… Ein Kind kann das wirklich gut, wenn ein kleiner Käfer auf warmen Steinstufen im Sonnenlicht schillert, entweicht den Lippen ein kaum hörbares „ohhh“ und seine Augen leuchten mitteilsam, weil es etwas Besonderes, etwas Schönes gesehen hat.

 

Kannst du zwei Dinge erläutern? Was sind eingesperrte Lichtwesen und was hat es mit dem Missbrauch im Kultus auf sich?

Die eben selben Fragen trage auch ich mit mir und kann nur die Ergebnisse, die gewissermaßen im Kielwasser eines geschauten Bildes enthalten sind, beschreiben, auch wenn diese im Nachdenken entstehen und nicht in gleicher Weise Tatsachengewissheit sind wie das Bildnis selbst. Das geschaute Bild kann in Begriffe gekleidet werden, so dass es unmissverständlich ist, das heißt aber nicht, dass es dann auch verstanden oder ein Beurteilen gar verantwortet werden kann. Aber nehmen wir einmal das Licht mit der Eigenschaft, Tränen zu vergießen, hin – nicht als Tatsache oder als etwas, an das man glaubt, sondern als Unbekannte zwischen verschiedenen Teilen, deren Summe Einblick in das Gesamte bereithält, beleuchten wir das einfach einmal.

Schau mal: Der auf die elektrische Entladung folgende kräftige Donnerschlag eines Gewitters, der alles erzittern lässt und tief in die Glieder und das Gemüt fährt, hat etwas auch Moralisches, denn manch einer empfindet verschreckt: „Jetzt kommt die Strafe Gottes“ oder „Um Himmels Willen, was hab ich falsch gemacht?“. Mindestens aber ist man verunsichert und fühlt sich nicht behaglich. Dieselbe Qualität erlebt gewissermaßen in Zeitlupe, wer sich an einer offenen Stromleitung zu schaffen macht – moralisches Empfinden wird in den Tiefen des Gewissens aufgemischt. Wieso ist das so, dass Elektrizität moralisches Empfinden anspricht? Könnte es sein, dass der Apfel vom Baum der Erkenntnis als erster menschlicher Ungehorsam überhaupt im Erleben von Elektrizität nachklingt?

Nehmen wir einmal an, das Götter- und Menschheitsschicksal beinhaltet, dass Menschen Freiheit entwickeln und in die Götterwelt tragen: Wäre das machbar, ohne dass Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hätten? Könnte es sein, dass sie das notwendig haben tun müssen? Und weshalb war es überhaupt verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen?  Die Ursache dieses Verbotes ist jedenfalls keine Angelegenheit des Menschen und dennoch – begründet es nicht sein Sein in Gänze?

Was ist denn geschehen, dass es zu diesem Verbot kam? Ein Gebot, das nach Menschenart notwendig nicht anders kann, als gebrochen zu werden, wo das Streben nach Erkenntnis doch auch ein Trieb des Menschen ist. Begründen sich das Verbot und gleichwohl die Idee des Menschen als Schöpfer von Freiheit erst dadurch, dass ihr Kampf und Sturz des Luzifer vorausgingen? Hat Luzifer, der Lichtträger, im Sturz einen Teil des Lichtes zu Elektrizität verdichtet? Ist der Grund, warum es uns gibt, der, dass wir das Licht wieder zurückbringen wollen? Indem wir immer alles heilen, ganz machen und vervollständigen wollen?

Licht kommt ohne Finsternis aus, Finsternis aber ist mehr als nur die Abwesenheit von Licht. Licht und Finsternis sind aber deshalb nicht die beiden Pole einer Einheit, weil Finsternis ohne Schöpfungsakt kein Licht hervorbringen kann, das Licht aber immer den Schatten als Element von Finsternis, was bedeutet, dass die Finsternis also das Kind des Lichtes ist. Wenn Licht nicht auch als Elektrizität erschiene, wäre der Mensch nicht befähigt zu denken, weil leibgebundene Denkvorgänge wesentlich mit sehr feinen elektrischen Impulsen im Gehirn einhergehen, so aber auch in allen Nervenvorgängen in den Gliedmaßen und sonstwo im Körper. In Elektrizität verdichtetes Licht ist also Teil der physischen Grundlage menschlichen Seins. Wir aber bestimmen unser Wesen durch das, was wir tun, und mit jeder Entscheidung, die wir fällen, wirken wir auf unser Gehirn ein und bilden es dabei auch physisch um, und wenn wir erkennen, dass wir einen Fehler begangen haben, so gibt es etwas in uns, was darüber Tränen vergießt, und das, was da Tränen vergießt, ist reines Licht, das erlöst ist – wie sehr diese Wandlung in die Physis greifen kann und welche Änderungen dort genau vor sich gehen, kann ich nicht ergründen, es ändert aber nichts an dem Umstand, dass in Elektrizität gebundenes Licht weinen will und weinen muss, wenn es erlöst wird, womit auch begründet sein will, dass Menschen notwendig ein Recht darauf haben, Fehler zu machen, Gebote zu brechen und vom Baum der Erkenntnis zu essen, denn sie lernen im Schmerz daraus und erschaffen in der Folge die Freiheit. 

Auch das Gewitter wäre keine Erlösung, wenn nicht das Wasser vom Himmel fallen würde. Der Regen reinigt, kühlt und erlöst den schwülen Druck eines heißen Tages, so kommt dem Wasser eine Bedeutung zu, wenn wir uns mit Erlösung befassen, nicht nur als Regen, sondern auch, wenn Tränen fließen.

Und wenn Raum gebildet wird, in dem der Kultus vollzogen wird, dann wird alles, was nicht spirituell rein ist, ferngehalten werden müssen, und ebenso, wie man in diesem Raum nicht übernachtet oder ein Würstchen grillt, wird auch die Elektrizität ferngehalten werden müssen, denn es findet im Kultus nicht nur eine Öffnung statt, die geschützt werden soll, sondern es wird vor allem ein Inhalt bereitet, der die Anwesenheit realer Geistwesen bewirkt. Die Gewissheit lauterer Absicht stellt aber einen Missbrauch ihrer selbst dar, wenn der Raum nicht vollständig rein ist. Und wenn man das nicht weiß, hat man auch keinen Begriff davon, dass Elektrizität nicht nur eingesperrtes Licht, sondern auch dämonisch und ganz furchtbar böse ist. Es ist nicht möglich und auch nicht notwendig, sich vollständig vom Einfluss der Elektrizität zu befreien, aber da, wo es möglich ist, muss es auch getan werden.

 

Wenn du Lampen für eine Kirche machst, sagst du das dann auch?

Nein. Ich bin Leuchtenlieferant, und vor dem Hintergrund eines Geschäftes steht es mir nicht zu, eine Kirche zu maßregeln, ich will das auch nicht, denn es würde den Vorgang verzerren. Aber ich vertraue darauf, dass wache Geister Ihr Handeln fortwährend werten. Es gibt aber auch Kirchen, die mir bedeuten, dass sie während dem Kultus keinen Strom im Weiheraum fließen lassen, und dann denke ich, dass es gut ist, und bin beruhigt. Ich freue mich dann auch, weil das hoffnungsvoll ist.

 

Gehst du in die Kirche?

Nein.

 

Erlebst du Einwände oder Widerspruch bei deinen doch auch esoterischen Ansichten?

Eigentlich nicht, man sagt ja auch nicht, was nicht zur entsprechenden Schuhgröße passt.

Allerdings kann ich nicht erkennen, was daran esoterisch sein soll – jedes Dorf hat eine Kirche und jeder weiß, wer Adam und Eva sind. Und Denken geht schließlich auch noch, und wenn mein Nachbar weint, weil seine Frau gestorben ist, dann sage ich ihm: „Sie ist nicht weggegangen, sie ist ganz nahe bei dir, sie ist nur vorausgegangen dorthin, wo wir alle hingehen, wenn die Zeit gekommen ist.“ Und natürlich findet er sich wieder darin, weil der Trost ihn dahin leitet, und wenn es nicht das Wissen ist, so ist es doch der Wunsch. Dann gibt es beispielsweise auch Menschen, die sehr alte Seelen und hochentwickelt sind, aber eine Inkarnation leben, die nicht einfach zu verstehen ist, weil sie Begriffen wie „Wesensgrund“ oder „Geistesselbst“ keinen Raum einräumen. Ich denke, es ist nicht richtig zu meinen, dass, wer hoch entwickelt sei, zwangsläufig esoterisch gebildet und als Anthroposoph oder Ähnlichem erscheinen müsse. Sieh mal im Park nach oder auf dem Bahnhof, bei jenen, die ausgestoßen und Habenichtse sind, dort findet man nicht selten Augen, die leuchten, die leuchten so stark, dass man in ihnen direkt ins Paradies blickt, und sieht in ihnen die Freiheit und auch die Demut, denn sie nehmen immer alle Schuld auf sich – ich denke, es geht nicht so sehr darum, den Geist zu suchen, den haben wir doch, weil wir sind gemacht daraus. Ich denke, es geht vielmehr darum, den Ungeist zu vertreiben.

 

Wirst du deine Sichtweisen einmal aufschreiben?

Nein, ich glaube nicht, ich bin mit Leib und Seele Arbeiter, und wenn manchmal Dinge meines Tuns schriftlich zusammengetragen sind, so gehört das der Vollständigkeit halber gewiss dazu und freut mich, es ist aber eigentlich nicht mein Ding. Wenn ich ein Stück Holz bearbeite, komme ich zügig zum Abschluss und habe ein festes Resultat mit bestimmtem Zweck und kann dann beurteilen, ob es gut ist. Theoretisches (Theo = göttlich) zu verdichten hingegen kann sogar echte Ängste bereiten, weil sich anstatt eines fertigen Resultates immer weitere und höhere Bereiche öffnen, es kommt sogar vor, dass ich sinnbildlich spirituelle Eindrücke abschüttele und dafür lieber die Schreinerei putze. Auch habe ich den Verdacht, dass das Schauen eine Änderung im Bildnis bewirkt, also, dass man nicht nur wahrnehmend, sondern auch gestaltend ist – da soll man sich im Klaren darüber sein, ob man überhaupt, und wenn ja, wie, in Verborgenes schaut, das heißt zunächst keineswegs, dass man auch Schöpfer sei, aber es ist doch so, dass man auch Einfluss nimmt und also die dazugehörende Verantwortung trägt. Menschen, die Kommendes voraussehen können, können das Kommende allein dadurch, dass es vorausgesehen wird, unbeabsichtigt verändern, was ein sicher nicht gewollter Eingriff ist. Andererseits ist es so, dass ich nicht sagen kann: „Heute Abend nehme ich mir frei und schaue ein bisschen hinter den Vorhang“, denn es ist ein nicht beeinflussbares Moment außerhalb von Zeit, man kann das Geschaute eigentlich auch nicht erinnern, sondern es zeigt sich immer wieder erneut als etwas, das übrig bleibt in der ständigen Suche, dem geschäftigen Treiben beim Entwickeln und Herstellen von Lampen und der Auseinandersetzung mit dem Licht. Erst die Begriffe, die ich daraus bilde, bleiben erhalten, das Bild selbst lässt sich nicht festhalten, obwohl es klar und keineswegs flüchtig ist. Ich bin aber der Auffassung, dass sich die spirituellen Welten allein mittels des Denkens vollständig erschließen lassen, ohne zunächst je in sie hinein geschaut zu haben; das Schauen kann sich nämlich auch als Versuchung erweisen und somit seinen eigenen Zweck verfehlen, weil es so keine Freiheit mehr ist. Wenn das Denken aber einmal selbst zur Ursache des Schauens wird, dann wird man auch direkt und bewusst eingreifen können und voll verantwortlich Schöpfer und Gestalter spirituellen Geschehens sein – das dauert aber, das dauert noch sehr lange, auf Umwegen machen wir das im Grunde aber heute schon so. Aber sprechen wir wieder mehr über den Betrieb – diese recht hohe Materie lassen wir, denke ich, jetzt erst einmal ruhen.

 

Ja, gut. Erzähl doch mal, wie ihr eure rechtlichen Verbindlichkeiten zueinander im Betrieb regelt, wie funktioniert eine Beziehung, wenn man immer zusammen arbeitet? Will man da nicht auch mal Pause voneinander?

Normalerweise ja, bei uns aber nicht, mit wenigen Ausnahmen sind wir nie getrennt und wollen das eigentlich auch nicht. Wir haben einen normalen Anstellungsvertrag, der dient aber nur der Teilhabe am Sozialsystem. ‚Gerecht teilen’ ist für uns keine Option, eigentlich ist es so, dass einer den anderen so umsorgt, dass es dem anderen immer zuerst gut geht. Inanspruchnahme eines Anteils ‚gerechten Teilens’ macht doch einsam, sich selbst einen Wunsch zu erfüllen, während in der Familie des anderen einer vielleicht seine Zahnarztrechnung nicht begleichen kann, macht doch, dass man nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst ausschließt. Also tun wir das nicht, das ist keine Philosophie, sondern kommt von ganz innen, man kann auch sagen wir lieben uns eben.

Selbstverständlich streiten wir auch mal, das ist nicht nur eine Art Sport, sondern auch ernst gemeint, nie aber böse, ein Gewitter ist auch nicht böse, es reinigt. Ich glaube, es ist vor allem ganz natürlicher Respekt, dass wir so gut miteinander können, unser Wunsch ist, dass wir später gemeinsam nach Hause gehen, nach Asien, an die Südchinesische See…

 

Sprechen wir über die tägliche Arbeit. Überall ist man um Ökologie bemüht, wie sieht das bei euch aus?

Von dem Gerede halte ich wenig, denn es ist doch selbstverständlich, dass die Schöpfung nicht dafür da ist, beschmutzt zu werden, es gibt also keinen Anlass, sich dafür zu brüsten, dass man etwas unterlässt, was man sowieso nicht soll. Es ist doch schon bemerkenswert dass fast nichts mehr nicht „klimaneutral“ und „nachhaltig“ präsentiert wird und trotzdem das Leiden des Planeten stetig zunimmt. Natürlich kann man stutzig werden, weil wesentliche Bestandteile in unserer Herstellung besorgniserregende Bezeichnungen haben wie zum Beispiel „Polymethylmethacrylat“ oder „Silikon“, aber kaum jemand weiß, dass das vollkommen unbedenkliche Verbindungen sind, Silikon besteht aus Silizium und Sauerstoff, Polymethylmethacrylat aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, das sind künstliche Verbindungen, die biologisch vollkommen unschädlich sind. Anders verhält es sich bei bestimmten Kabelummantelungen oder Verdünnern für Klebstoffe, da sieht es nicht so gut aus, aber der Umfang ist gering und bisher unvermeidbar.

Es gehört aber auch zu unserem Selbstverständnis, dass eine Leuchte immer nur dann hergestellt wird, wenn sie auch gewollt ist. Bedarfsloses Herstellen, so wie man das heute tut, halte ich für krankhaft. Uns ist wichtig, das dem Produkt vorausgehende Bedürfnis zum Motiv des Handelns zu machen – ohne einen Auftrag gibt es für uns keinen Anlass, etwas herzustellen.

 

Wie willst du als Unternehmer verstanden sein, sieht man dich zum Beispiel auch mal mit Krawatte?

Die Vorstellung gefällt mir, ich könnte dann mit dem Krawattenzipfel den Mercedesstern polieren (lacht). Nein, als Unternehmer ist man Schuldner, dem Kunden schuldet man das was man anbietet, dem Mitarbeiter den Lohn, dem Geschäftspartner Wertschätzung, dem Staat die Steuern und der Bank die Zinsen usw. Ich will damit nicht sagen, dass der Unternehmer per se Schuldner ist, sondern dass wir alle Unternehmer sind und dass wir alle miteinander verbundene Schuldner sind. Im Grunde entsteht ein Schuldverhältnis bereits dann, wenn mir nur eine Idee kommt, das heißt nicht, dass man jede Idee in den Stoff führen muss, das heißt aber, dass man Ideen handlen können muss, sonst bleiben die irgendwann aus, dann nämlich, wenn man langsam in die Jahre kommt und Körper und Schaffenskraft eine unmissverständliche Sprache sprechen. Dann ist es die Idee, die einem ganz zu Recht ins Ohr flüstert: Dummes Märchen, stimmt gar nicht, du wirst jeden Tag neugeboren, du musst nur nach oben offen bleiben und Vergängliches nicht so fürchterlich ernst nehmen.

 

Was wird aus Dutschke-Leuchten, wenn du dich zur Ruhe setzen wirst?

Ich weiß es nicht. Viel gibt es nicht mehr zu ordnen, damit die Sache rund ist, und wenn morgen einer kommt und sagt, dass er diese Arbeit weiterführen will, dann bekommt er das Haus und den Betrieb und muss dann aber dafür sorgen, dass wir Brot auf dem Tisch haben, sonst mache ich es selber weiter, solange es eben geht. Es ist nicht unbedingt mein Wunsch aufzuhören, es ist aber unbedingt mein Wunsch, dass jugendlich frische Kraft diese Manufaktur im Leben hält, damit sie nicht irgendwann einfach verschwindet.  

 

Mir ist aufgefallen, dass du viel aus dem Geistigen gesagt, aber kein einziges Mal das Wort „geistig“ verwendet hast.

Ja, ich vermeide den Begriff nach Möglichkeit. Ich mag Worte nicht, die erbarmungslos bis zur Unkenntlichkeit ausgelutscht sind, weil der Begriff sich dann von selbst entleert und sogar ungültig werden kann. Also: Der Begriff wird nicht dadurch ungültig, dass er häufig verwendet wird, er wird dadurch ungültig, dass man ihn verwendet, ohne ihn mit seinem lebendigen Inhalt zu begreifen. Das ist einfach zu häufig geschehen, dass der Begriff ‚geistig’ nur dahergeredet ist.

 

Kein bisschen Spaß und Genuss?

Doch, doch, meine Frau und ich, wir machen Musik an und tanzen dann Tango quer durch die Werkstatt – wie gut, dass das keiner sieht, sie so klein und ich so groß und Tango können wir auch nicht... Und wenn ein Tag mal etwas lockerer ist, gehen wir auch mal spazieren oder kochen ein besonders leckeres Essen – na, wenn das kein Genuss ist! … Aber mal ehrlich, das Leben sollte viel fröhlicher und unbeschwerter sein – ist es aber nicht.

 

Möchtest du zum Abschluss noch Einblick in dein Verhältnis zur Anthroposophie geben?

Ja, gerne. Ich bin ein eher einfacher Fußgänger und ein einziges der grundlegenden Werke von Steiner reicht auch vollkommen aus, um ein Leben auszufüllen, es ist in ihm schließlich der Widerschein des Gesamten enthalten. Ich glaube, ich bin seit über zwanzig Jahren bei keinem Seminar oder Vortrag gewesen und lese wenig – die Arbeit geht vor –, aber Gedanken, Gedanken mache ich mir natürlich fortwährend. Sich Gedanken machen ist nicht wie Lesen, sich Gedanken machen ist wie Schreiben, wer die Idee kultiviert, wird mit ein wenig Disziplin zum Schöpfer neuer Gedanken, also noch nie gedachter Gedanken, der Denkvorgang ist dann, wie wenn der Bewusstseinsinhalt bekleidet wird, man wird also so eine Art Modeschöpfer, ich denke dann: na?, wie würde man sich wohl entscheiden wenn man wählen müsste – die GA oder Papier und Bleistift? – Wie gut, dass wir beides haben, noch besser aber, wenn man die Antwort auch immer bei sich führt.

Rudolf Steiner ist für mich ein Menschenfreund und ein brillanter Denker, der Einblick und Verantwortung für das Schicksal des Zukünftigen gefordert hat. Ich halte es für nicht wesentlich, enthüllen zu wollen, ob Steiner nun in einem Sportwagen gesessen ist, Alkohol getrunken habe oder Minister werden wollte, denn das versperrt den Blick darauf, dass er gezeigt hat, dass wir den Erdenstern zum Leuchten bringen müssen. Ich meine, dass Steiner nicht will, dass man Erinnerungskult betreibt, ich meine, er möchte endlich in Ruhe gelassen werden, es wäre ein echt mutiger Schritt, wenn man alle Steiner-Bilder einfach verbrennen würde, denn der Keim dessen, was aufgenommen ist, ist unauslöschlich, und der Habitus dessen, was sich heute noch „Anthroposophie“ nennt, wird, denke ich, recht schnell einfach verschwinden. Auch das Schriftwerk ist trotz seiner unendlichen Größe nur ein mageres Abbild dessen, was eigentlich gegeben ist, und mag einst entbehrlich und sein Dasein auf Archive beschränken, denn es ist unauslöschbar in Bereiche eingeschrieben, die immer mehr jedem Menschen zugänglich sind. Mehr und mehr begegnet man Einzelnen, nicht nur bei uns, sondern auch unter Muslimen und Buddhisten, die so hell sind, dass sie Steiner nicht studieren, sondern das Menschen- und Götterschicksal bereits im Innern erkennen. 

Ich möchte aber auch sagen, dass das Zweifeln richtig ist, denn es ist nicht richtig, sich einfach nur heimisch zu fühlen in einem Geistgebäude, das sich als so schlüssig darstellt, denn es gibt viel Entsetzliches im realen Leben dem diese gefällige Schlüssigkeit wird standhalten müssen. So wird man fragen müssen, wie eine ‚weisheitsvoll geistige Führung’ in Syrien Streubomben auf Kindergärten fallen lässt und ob man sich nicht doch den unbequemen Gedanken „Gott ist tot“ des Friedrich Nietzsche zu eigen machen muss. Man wird sich letztlich fragen müssen, ob wir nicht bereits selbst führen und wo die Reise hingeht.

Ich denke, es wird sich einst die Menschheit als Gesamtheit einsam fühlen, und verfolge mit Hingabe die konsequent materialistische Forschung an Photonen, Quanten und Gravitation, weil hier beizeiten der Punkt erreicht sein wird, an dem reines Geisteslicht dem Zweifler Erkenntnis gibt und den Einsamen tröstet.

Christoph Dutschke, 2018

Geboren 1959 in Kassel, Besuch der Waldorfschulen in Kassel und Pforzheim. Ab 1975  Wanderjahre. Seit 1982 Entwicklung und Herstellung von Beleuchtung. Verheiratet in zweiter Ehe mit Jimbeth Oropel.